Der Gatte hat Rippe, der Hund Hormone und ich irgendwie von allem gerade ziemlich den Kanal voll. Ich wünschte mir eine Höhle, in die ich mich verkriechen könnte und für mindestens drölfzig Zeiten nicht mehr rausschauen müsste. Am besten auch nicht reden, nicht zuhören, nicht eine Meinung haben, eine Idee, eine Lösung oder gute Laune für alle. Wo ich einfach für mich granteln und grummeln und grillen und gefühlig sein könnte.
Ja, obwohl Nein
Es gelingt mir in schöner Regelmäßigkeit wieder und wieder, obwohl ich schon eine Weile mit mir im Leben unterwegs bin, ganz besonders schlecht auf mich zu achten. Alle und alles sind wichtiger, ich mache Zugeständnisse, zu denen ich nicht stehe und die dann die Angewohnheit haben, besonders lästig und eklig an einem mir zu kleben. Wenn das Bauchgefühl schon längst ein dickes Schild mit ganz rotem Nein geliefert hat und ich mich trotzdem in Ignoranz übe und Ja sage. Wenn ich, obwohl ich auf dem Zahnfleisch krauche, groß auffahre und richtig was raushauen will. Wenn das Unkontrollierbare so fies um die Ecke guckt, dass ich noch doller probiere, es zu kontrollieren, oder besser dem ein bisschen Kotrollierbarkeit abzutrotzen.
Kratzbürstig und kleinherzig
Der Schuster hat ja bekanntlich die schlechtesten Schuhe und ich bin nicht frei davon. Gut für andere da zu sein, gelingt mir gut und ziemlich oft, ziemlich mies auf mein Eigenes zu schauen, gelingt mir noch viel besser. Dann fällt das Kind in den tiefen Brunnen und ich könnte die Meisterschaft gewinnen im kratzbürstig, ungehalten, ungnädig und kleinherzig Sein, gegenüber anderen und mir sowieso. Meine Coachees würde ich in so einem Moment einladen, das zunächst einmal zu akzeptieren und sich nicht noch selbst in Geiselhaft zu nehmen, dass man’s gerade nicht besser kann. Und es seine Berechtigung hat. Mir selbst empfehle ich das nicht, da bin ich geizig, was an anderen Stellen angebracht wäre. Zum Beispiel mit der Prokrastination, wenn die monatliche Buchhaltung wieder termingerecht fertig werden soll, was sie irgendwie meistens nicht schafft. Also ich nicht schaffe, aber besser fühlt es sich an, ich schieb’s mal der Prokrastination in die Schuhe.
Jedenfalls lugte diese wieder um die Ecke oder vielleicht kam sie auch eher als beste, kompetenteste Lösung in diesem Moment zu der ich fähig war (so würde es, der von mir so geschätzte Kollege aus der Hypnosystemischen Therapie, Gunther Schmidt, ausdrücken) und führte mich in meine Küche.
Einige Stunden (für das Ergebnis braucht es am Ende ein paar Tage und noch mehr Geduld) einfach tun, im Augenblick sein, sich wiederholende Vorgänge, stimmungsaufhellende Gerüche von Zitrusfrüchten und die verlockende Aussicht auf ein zartes Bisschen Luxus in Form der Pampelmoussettes.
Hundewollpullover und gemeine Sackkarre
Hier fühle ich mich sicher, gehalten und kann mich aushalten und kann ausblenden und ausschalten, was da sonst noch so ist. Dass der Hund haart und täglich einen Wollpullover verliert und sich selbst und alles Können gerade wieder auf Format C und Komplett Reset gesetzt hat, dass der Gatte um ein (Hunde)Haar in der Mitte durchgebrochen wäre, bei dem Versuch die morsche alte Truhe freundlich an die Nachbarn zu verschenken und die Sackkarre ihm den Garaus machen wollte und wenn mir manchmal einfach zu viele Leute an meinem Tisch sitzen und ich null Kraft für Entertainment habe.
Im letzten Zitrusfrüchtekorb der Saison lagen Pampelmusen und die Filets davon gab’s im Salat mit Fenchel. Die aromatische Schale, die ich für ihre Bitterkeit geradezu königlich gut finde, lässt sich herrlich kandieren. Hinterher in beste, dunkle Schokolade eingetaucht, ist das ein Plaisir der Oberklasse.
Pampeloussettes – goldene Stäbchen mit heilender Energie
Pampelmoussettes, kleine, leuchtende Stäbchen, die erfrischen, versüßen, verzaubern und einen Moment Sonne zaubern sind mir eine Hilfe, wenn’s mal wieder dick kommt. Der überhaupt schönste Nebeneffekt dabei – ich erlaube mir, herrlich zu prokrastinieren. Sie brauchen ihre Zeit, wenn über einige Tage der Sirup immer wieder aufgekocht werden will, um die nächste Hülle um die Schale zu legen. Einem schützenden Umhang gleich zuckert sich der heiße Sirup um die Stäbchen, bevor sie dann zum Trocknen gebettet werden und den finalen Schokoüberzug bekommen.
Und dann darf man sich ich mir auch noch ein bisschen Zeit schenken, oder prokrastinieren eben, weil’s wohltut.
Pampelmoussettes
2023-03-13 16:02:26
Serves 8
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Prep Time
2 hr
Total Time
72 hr 30 min
Prep Time
2 hr
Total Time
72 hr 30 min
Ingredients
2 unbehandelte Pampelmusen
500 g Puderzucker
250 g dunkle Schokolade, z.B. Valrhona
Instructions
Die Pampelmusen waschen, abtrocknen und am Blütenansatz und Nabel kreuzweise einschneiden.
Die Schale abschälen.
in Wasser aufkochen und für 10-15 min kochen. Das Wasser abgießen, die Schalen kurz abkühlen lassen.
Das Mesokarp entfernen, also den weißen Teil unter der Schale.
Die Schale in dünne Streifen schneiden.
In einem Topf 1 l Wasser mit dem Puderzucker zum Kochen bringen. Der Zucker soll sich auflösen und nach ca. 20- min entsteht ein Sirup.
Die Pampelmusenstreifen im Sirup für 10 min köcheln lassen, dann vom Feuer nehmen und abkühlen lassen. Zweimal täglich wiederholen für insgesamt drei Tage.
Die Pampelmoussettes dann einzeln auf ein Kuchengitter legen und austrocknen lassen. Im Dörrgerät geht es in wenigen Stunden, im Ofen bei ca. 50 Grad und geöffneter Tür ähnlich oder aber 24 h an einem nicht zu warmen Platz trocknen lassen.
Die Schokolade im Wasserbad schmelzen und die Pampelmoussettes eintauchen. Trocken lassen, dann luftdicht verpacken.
Notes
Die Pampelmoussettes können, gut verpackt, einige Wochen aufbewahrt werden.
Der Gatte hat Rippe, der Hund Hormone und ich irgendwie von allem gerade ziemlich den Kanal voll. Ich wünschte mir eine Höhle, in die ich mich verkriechen könnte und für mindestens drölfzig Zeiten nicht mehr rausschauen müsste. Am besten auch nicht reden, nicht zuhören, nicht eine Meinung haben, eine Idee, eine Lösung oder gute Laune für alle. Wo ich einfach für mich granteln und grummeln und grillen und gefühlig sein könnte.
Ja, obwohl Nein
Es gelingt mir in schöner Regelmäßigkeit wieder und wieder, obwohl ich schon eine Weile mit mir im Leben unterwegs bin, ganz besonders schlecht auf mich zu achten. Alle und alles sind wichtiger, ich mache Zugeständnisse, zu denen ich nicht stehe und die dann die Angewohnheit haben, besonders lästig und eklig an
einemmir zu kleben. Wenn das Bauchgefühl schon längst ein dickes Schild mit ganz rotem Nein geliefert hat und ich mich trotzdem in Ignoranz übe und Ja sage. Wenn ich, obwohl ich auf dem Zahnfleisch krauche, groß auffahre und richtig was raushauen will. Wenn das Unkontrollierbare so fies um die Ecke guckt, dass ich noch doller probiere, es zu kontrollieren, oder besser dem ein bisschen Kotrollierbarkeit abzutrotzen.Kratzbürstig und kleinherzig
Der Schuster hat ja bekanntlich die schlechtesten Schuhe und ich bin nicht frei davon. Gut für andere da zu sein, gelingt mir gut und ziemlich oft, ziemlich mies auf mein Eigenes zu schauen, gelingt mir noch viel besser. Dann fällt das Kind in den tiefen Brunnen und ich könnte die Meisterschaft gewinnen im kratzbürstig, ungehalten, ungnädig und kleinherzig Sein, gegenüber anderen und mir sowieso. Meine Coachees würde ich in so einem Moment einladen, das zunächst einmal zu akzeptieren und sich nicht noch selbst in Geiselhaft zu nehmen, dass man’s gerade nicht besser kann. Und es seine Berechtigung hat. Mir selbst empfehle ich das nicht, da bin ich geizig, was an anderen Stellen angebracht wäre. Zum Beispiel mit der Prokrastination, wenn die monatliche Buchhaltung wieder termingerecht fertig werden soll, was sie irgendwie meistens nicht schafft. Also ich nicht schaffe, aber besser fühlt es sich an, ich schieb’s mal der Prokrastination in die Schuhe.
Jedenfalls lugte diese wieder um die Ecke oder vielleicht kam sie auch eher als beste, kompetenteste Lösung in diesem Moment zu der ich fähig war (so würde es, der von mir so geschätzte Kollege aus der Hypnosystemischen Therapie, Gunther Schmidt, ausdrücken) und führte mich in meine Küche.
Einige Stunden (für das Ergebnis braucht es am Ende ein paar Tage und noch mehr Geduld) einfach tun, im Augenblick sein, sich wiederholende Vorgänge, stimmungsaufhellende Gerüche von Zitrusfrüchten und die verlockende Aussicht auf ein zartes Bisschen Luxus in Form der Pampelmoussettes.
Hundewollpullover und gemeine Sackkarre
Hier fühle ich mich sicher, gehalten und kann mich aushalten und kann ausblenden und ausschalten, was da sonst noch so ist. Dass der Hund haart und täglich einen Wollpullover verliert und sich selbst und alles Können gerade wieder auf Format C und Komplett Reset gesetzt hat, dass der Gatte um ein (Hunde)Haar in der Mitte durchgebrochen wäre, bei dem Versuch die morsche alte Truhe freundlich an die Nachbarn zu verschenken und die Sackkarre ihm den Garaus machen wollte und wenn mir manchmal einfach zu viele Leute an meinem Tisch sitzen und ich null Kraft für Entertainment habe.
Im letzten Zitrusfrüchtekorb der Saison lagen Pampelmusen und die Filets davon gab’s im Salat mit Fenchel. Die aromatische Schale, die ich für ihre Bitterkeit geradezu königlich gut finde, lässt sich herrlich kandieren. Hinterher in beste, dunkle Schokolade eingetaucht, ist das ein Plaisir der Oberklasse.
Pampeloussettes – goldene Stäbchen mit heilender Energie
Pampelmoussettes, kleine, leuchtende Stäbchen, die erfrischen, versüßen, verzaubern und einen Moment Sonne zaubern sind mir eine Hilfe, wenn’s mal wieder dick kommt. Der überhaupt schönste Nebeneffekt dabei – ich erlaube mir, herrlich zu prokrastinieren. Sie brauchen ihre Zeit, wenn über einige Tage der Sirup immer wieder aufgekocht werden will, um die nächste Hülle um die Schale zu legen. Einem schützenden Umhang gleich zuckert sich der heiße Sirup um die Stäbchen, bevor sie dann zum Trocknen gebettet werden und den finalen Schokoüberzug bekommen.
Und dann darf
man sichich mir auch noch ein bisschen Zeit schenken, oder prokrastinieren eben, weil’s wohltut.